In den westlichen Industrienationen haben die Essstörungen Anorexia
nervosa und die Bulimia nervosa in den vergangenen Jahrzehnten deutlich
zugenommen. Sie sind die häufigsten psychosomatischen Erkrankungen im
jungen und mittleren Erwachsenenalter und stellen eine ernsthafte
Erkrankung dar, die manchmal sogar lebensbedrohlich sein kann. Unser
Behandlungsangebot richtet sich vorrangig an Betroffenen von Anorexia und
Bulimia nervosa.
Anorexia nervosa
Das Störungsbild ist gekennzeichnet durch starkes Untergewicht bei
häufiger Weigerung zuzunehmen oder sogar dem Wunsch, noch weiter
abzunehmen. Es besteht eine ausgeprägte Angst vor einer Gewichtszunahme
oder davor, dick zu werden, trotz bestehenden Untergewichts. Die
Betroffenen haben große Schwierigkeiten, ihre eigene Figur und das
Körpergewicht adäquat einzuschätzen, es besteht eine sogenannte
Körperschemastörung. Häufig bleibt die Menstruation wegen der
Mangelernährung ganz aus oder tritt bei jungen Patientinnen gar nicht erst
ein. Die Selbstbewertung hängt in übertriebener Weise von der eigenen
Figur ab. Die Erkrankung beginnt selten vor der Pubertät. Es gibt einen
Altersgipfel im Bereich von 14 bis 18 Jahren. Die Erkrankung tritt zehnmal
häufiger bei jungen Frauen als bei jungen Männern auf. Bei chronischen
Verlaufsformen beträgt die Letalitätsrate 10-20 %.
Bulimia nervosa
Das Beschwerdebild ist gekennzeichnet durch wiederholte Heißhungeranfälle
mit Verzehr großer Mengen an Nahrungsmitteln und einem Gefühl des
Kontrollverlustes beim Essen. Um eine Gewichtszunahme zu verhindern werden
kompensatorische Maßnahmen wie z.B. selbstinduziertes Erbrechen, die
Einnahme von Abführmitteln, exzessiver Sport oder auch anschließende
Diätphasen durchgeführt. Die Figur und das Körpergewicht haben einen
übermäßigen Einfluss auf die Selbstbewertung, die Störung tritt nicht
ausschließlich im Verlauf von Episoden einer Magersucht auf. Die
Erkrankung beginnt meist in der späten Adoleszenz oder im frühen
Erwachsenenalter. Die Erkrankung tritt zehnmal häufiger bei jungen Frauen
als bei jungen Männern auf.
Adipositas
Adipositas, d.h. Übergewicht, kann schwerwiegende Folgen haben, da es
häufig mit Zivilisationskrankheiten wie z.B. Bluthochdruck,
Gelenkerkrankungen, Atemprobleme oder Zuckerkrankheit zusammenhängt. Man
spricht von Übergewicht ab einem BMI (Body-Mass-Index) von mehr als 30
Punkten. Der BMI gibt das Verhältnis von Körpergewicht zu Körpergröße an
(BMI = Gewicht/Körpergröße zum Quadrat). Über 50% der Bevölkerung in der
BRD gelten als übergewichtig. Bei 25 % der Bevölkerung wird sogar ein
extremes Übergewicht angenommen. Die Betroffenen leiden unter
verschiedenen körperlichen Folgeerkrankungen und unter Negativbewertungen
durch ihre Umwelt. Ca. 30% der Adipösen weisen zusätzlich eine Essstörung
(Binge-Eating-Störung) auf. Das Essen erhält bei den Betroffenen zunehmend
die Bedeutung von sich belohnen, trösten, beruhigen anstatt vordringlich
die Funktion einer gesunden Ernährung zu beinhalten. Es entwickelt sich
zur oftmals entscheidenden Strategie, sich kurzfristig etwas gutes zu tun.
Das hat zur Folge, dass mehr gegessen wird, als der Körper an Energie
braucht und sich ein Übergewicht entwickelt. Im Sinne eines Teufelskreises
nimmt bei wachsendem Übergewicht die Lust auf Bewegung nach. Kurzfristige
Diäten haben meist ebenfalls einen JoJo-Effekt zur Folge und tragen zu
keiner Gewichtsreduktion bei.
Binge-Eating-Störung
Die Binge-Eating-Störung ist eine Essstörung, bei der die meisten
Betroffenen ein Übergewicht oder sogar extremes Übergewicht (Adipositas)
entwickeln und für sie ein vielfacher Leidensdruck entsteht. Leid entsteht
aus den körperlichen Folgen des Übergewichtes, aus den negativen
Bewertungen der Umwelt, aber auch durch die eigenen Unzufriedenheiten mit
sich sowie durch die Essstörung selbst. Bei dieser relativ häufigen
Störung (bis 4,3 % der Gesamtbevölkerung und etwa 30% der Patienten mit
Adipositas) kommt es zu regelmäßigen Essattacken, bei denen die
Betroffenen kaum noch Kontrolle über die Menge und die Art ihrer
Nahrungsaufnahme haben. Die Nahrungsaufnahme erfolgt sehr schnell bis zu
einem unangenehmen Völlegefühl ohne das im eigentlichen Sinne Hunger
besteht. Nach einem solchen Essanfall fühlt sich der Betroffene meist sehr
schlecht, verbunden mit Schuldgefühlen und Deprimiert-sein. Im Gegensatz
zur Bulimie (Ess-Brech-Sucht) bestehen bei dieser Störung keine Bemühungen
durch Erbrechen, Fasten oder intensiven Sport das Körpergewicht zu
beeinflussen.
|